»Muri ai pittori«
Mario Sironi und die Wandmalereidebatte der 1930er Jahre
Die Bemühungen der italienischen Künstler um die Wandmalerei fallen in die Zeit des Faschismus. Anläßlich der 5. Triennale 1933 in Mailand fordert der Maler Mario Sironi über dreißig seiner Kollegen dazu auf, Wandmalereien zu schaffen. Auf präzise thematische Vorgaben verzichtet Sironi dabei. Die Künstler sollen sich wieder mit den formalen Gesetzen einer vernachlässigten Kunstgattung vertraut machen. Das erklärte Ziel ist es, Kunst und Künstler wieder in das gesellschaftliche Leben zu integrieren. Doch welchen Preis wird die Kunst hierfür zu bezahlen haben?
Die konservative Kunstkritik erkennt in den Malereien auf der Triennale lediglich Deformation. Erwartet hatte sie eine Malerei, die in ‚gesundem Verismus‘ Themen der faschistischen Ära zu vermitteln weiß. Muß die Kunst folglich auf dieses Niveau herabsteigen, wenn sie unter dem Faschismus überleben will? Obwohl viele der modernen Künstler sich offen zum Faschismus bekennen, verbietet sich dennoch für sie der Einsatz der Kunst als Mittel zur Indoktrination der Massen. Gegen den Willen der ‚Inhaltsästhetiker‘ plädieren sie daher für eine Kunst die die ‚Form‘ höher bewertet als den ‚Inhalt‘. Eine solche muß als Propagandawerkzeug jedoch versagen.
Es kommt daher nicht zur Etablierung einer ‚Staatskunst‘ im Medium der Wandmalerei, und aus diesem Grund erscheint es legitim, sie aus ihrem politischen Umfeld herauszulösen und in den internationalen Kontext der Bemühungen um die ‚Einheit der Künste‘ einzuordnen. Tatsächlich lassen sich hier Wechselwirkungen beobachten, und es zeigt sich, daß bei der unter dem italienischen Faschismus entstandenen Wandmalerei dort Qualitäten zum Vorschein kommen, wo bisher nur Ideologien vermutet wurden.
Diss. Trier.