CAMERA
Gemalter und realer Raum der italienischen Frührenaissance
Die Innenraumdarstellung bietet in ihrer Zusammenschau von Möbeln, Kostümen und anderen Gebrauchsgegenständen eine ergiebige Quelle zur Rekonstruktion nicht mehr vorhandener Alltagsobjekte. Oft werden diese künstlerischen Interpretationen der Realität jedoch ohne jede Quellenkritik abgebildet und das Bild wird einem original erhaltenen Möbelstück, Kostüm etc. gleichwertig behandelt. Dies gilt auch für die italienischen Innenraumdarstellungen der Frührenaissance. Erstaunlicherweise ist diese Werkgruppe, die ja nicht nur aus quellenkundlicher Hinsicht interessant ist, sondern sich erstmals nach der Antike wieder intensiv mit der bildlichen Wiedergabe von Innenräumen auseinandersetzt, noch nie ausführlicher zusammenhängend untersucht worden.
Die Autorin arbeitet daher zunächst die spezifischen Bildkonzepte dieser Werke heraus: Anhand verschiedener Aspekte, wie dem Verhältnis von Innen- und Außenraum, der Gestalt der Schauöffnung, der Größenverhältnisse und der Ausstattung wird dargelegt, wie sich die Wiedergabe von Innenräumen auf italienischen Fresken, Tafelbildern und Reliefs zwischen 1300 und 1500 entwickelt. Die sich anschließende Analyse zeigt am Beispiel des Schlafraums, der camera, daß man sich von den häufig als Kastenraum dargestellten und damit ‚vollständig‘ oder ‚komplett‘ erscheinenden Räumen und der oft standardisierten Möblierung nicht täuschen lassen darf in der Annahme, man bekomme hier ein vollständiges Bild eines Wohnraums der Frührenaissance. Vielmehr zeigt der Vergleich mit schriftlichen Quellen (Inventaren, Architekturtraktaten) sowie erhaltenen Bauten und Möbeln, daß die Künstler in ihrer Darstellung selektiv vorgehen und dabei stark von ikonographischen und bildimmanenten Vorgaben geleitet werden.
Diss. Köln 2000.