Ferdinand Brütt und das städtisch-bürgerliche Genre um 1900
Am Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich Ferdinand Brütt (1849-1936) als Genremaler mit der bürgerlichen Kultur seiner Gegenwart auseinander. Er ließ damit das klassische, ländlich-anekdotische Genrebild hinter sich und widmete sich zeitgenössischen, städtisch-bürgerlichen Themen. Brütt malte vor allem in seiner Düsseldorfer Zeit in den 1880er und 1890er Jahren dramatische Gerichtsszenen und stellte das Börsengeschäft und Aufsichtsratssitzungen dar. 1898 ließ er sich in Kronberg im Taunus nieder und beobachtete vor allem großbürgerliche Gesellschaftsszenen im Opernfoyer, Casino oder auf dem Tennisplatz. Daneben nahm Brütt den Bürger als Kunstrezipienten in Bildern von Galerie- und Atelierbesuchern in den Blick.
Die Untersuchung folgt der Frage, welches Bild der bürgerlichen Gesellschaft im Kaiserreich Brütt dabei zeigt und mit welchen bildgestalterischen Mitteln er dies erreicht. Brütt schilderte in Anlehnung an die ältere Genremalerei, vor allem der Düsseldorfer Malerschule, und mit klassischen Gestaltungsmitteln der Historienmalerei den gesellschaftlichen Wandel des Kaiserreichs insgesamt als Erfolgsgeschichte: Das Wilhelminische Kaiserreich ist als Rechtsstaat, prosperierende Wirtschaft und festliche Salonkultur ins Bild gesetzt. Brütt schuf erzählerische und damit unterhaltsame Werke, die jedoch gleichzeitig eine für die bürgerlichen Moral- und Wertvorstellungen affirmative Bildaussage beinhalten. Doch lassen die Darstellungsmittel der Genremalerei in einigen von Brütts Bildern durchaus humoristische, ja teilweise kulturkritische Aspekte erkennen.
Die vorliegende Arbeit ist die erste ausführliche Untersuchung zu Ferdinand Brütt mit einem Werkverzeichnis.