Kolumbus, Cortés, Montezuma
Die Entdeckung und Eroberung Lateinamerikas als literarische Sujets in der Aufklärung und im 20. Jahrhundert
Die Autorin geht davon aus, daß die Europäer die Geschichte um die Entdeckung und Eroberung Lateinamerikas nicht um ihrer selbst willen, sondern zumeist aus einer höchst eigenen Perspektive und Motivation erzählen. Über den geläufigen Vorwurf des Eurozentrismus hinaus versucht sie, diese Motivationen herauszukristallisieren.
Die vorliegende Arbeit stellt Texte der Aufklärung vor, die in Vergessenheit geraten sind. Indessen handelt es sich bei Diderot, Friedrich II. oder Rousseau gewiß nicht um Autoren, die nur Literaturwissenschaftlern bekannt sind. Die Kolonialisierungsproblematik wird dabei stets in die zeitgenössische Geistesgeschichte und Ästhetik eingeordnet.
Entgegen geläufigen Vorstellungen findet sich in den behandelten Texten mehr als die stereotype Verwendung des „Guten Wilden“: Gemäß den Vertretern des Fortschrittsoptimismus findet sich in der Neuen Welt vielmehr eine degenerierte Urbevölkerung oder aber der Urzustand des Menschen wird mit Hobbes als verabscheuenswert dargestellt, um subversiven Denkansätzen den Boden zu entziehen. Für das 20. Jahrhundert wählt die Autorin ein ästhetisch und weltanschaulich breites Spektrum vom traditionellen Erzähler Jakob Wassermann bis zum Avantgardisten Antonin Artaud, vom gläubigen Katholiken Paul Claudel bis hin zum Kubaner Alejo Carpentier.
Insgesamt wird nach dem Versuch, Kolumbus heilig sprechen zu lassen, die Kolonialgeschichte kritischer dargestellt. Nun geraten der Kolumbus- und der Cortésstoff überwiegend in den Sog der „Leyenda negra“. Zumeist wird die abendländische Kultur gerade vor dem Hintergrund der kolonialistischen Schuld in Frage gestellt.
Diss. Bonn 1996.