Silke Ötsch (Hg.)
Überwältigen und Schmeicheln
Der menschliche Körper im Visier der Planer
Vor dem Hintergrund biotechnologischer Entwicklungen vertraten einflussreiche Architekturkritiker und -kritikerinnen die These, sowohl der menschliche Körper als auch Architektur seien ein Auslaufmodell, da die Entwicklung zum Cyborg, der Verschmelzung von Mensch und Maschine, tendiere. Die Untersuchung repräsentativer zeitgenössischer Architektur und ihre Konfrontation mit phänomenologischen Modellen zeigt hingegen, dass sich das Konzept des menschlichen Körpers eingrenzen lässt und dass sich Planer und Planerinnen immer noch auf den Körper beziehen. Die Art der Einwirkung hat sich allerdings geändert, heute »überwältigen und umschmeicheln« sie den Nutzer mit ihrer Architektur.
Anhand der Kasino- und Hotelarchitektur in Las Vegas untersucht Silke Ötsch diese These. In Las Vegas wirkt Architektur besonders intensiv auf den Körper ein, indem einerseits die Körpersinne des Nutzers zielgerichtet stimuliert werden, andererseits kollektive Wünsche und Phantasien ihren Niederschlag in der Architektur finden. Ein Vergleich mit den 60er Jahren verdeutlicht, dass das nicht immer so war, wie es auch in Scott Browns und Venturis Standardwerk »Learning from Las Vegas« beschrieben wurde. Die Autorin zeigt, wie die Entwicklung von einer Architektur des physiologischen Körpers über die des symbolischen bis hin zu der des ganzheitlichen Körpers verläuft: Zeitgenössische Architektur »rückt dem Körper auf den Leib«.