Verdächtige Ambivalenz
Klassizismus in der Moderne 1920–1960
Nach dem Ersten Weltkrieg wandten sich Künstler in ganz Europa erneut der Tradition zu. Der Wunsch nach Sicherheit und Ordnung schlug sich erkennbar auch in der Kunst nieder. Dieser besonders in Frankreich und Italien ausgeprägte moderne Klassizismus fand bisher in der deutschen Kunstgeschichte wenig Beachtung. Die vorliegende Publikation versucht diese Lücke zu schließen. Wichtige Vertreter der Neuen Sachlichkeit wie Georg Schrimpf, Alexander Kanoldt oder Carlo Mense näherten sich zu Beginn der 1920er Jahre Formen des neuen Klassizismus an, der zeitgleich intensiv von Kunstkritikern diskutiert wurde. Traditionelle Kunstzentren wie München oder Dresden spielten bei diesem Prozess eine große Rolle. Gleiches gilt für die Italienerfahrung, die in Deutschland wie die Antikenrezeption insgesamt auf eine lange Geschichte zurückblickt. Die Korrumpierung des Klassizismus durch den Nationalsozialismus machte jedoch Rückbezüge zur Tradition verdächtig und setzte diesem Erbe letztlich ein Ende. Der während der gesamten Moderne präsente Aspekt des Konservativen ist allerdings zentral für die Kunst der Zwischenkriegszeit in Deutschland und wird hier in ihren Ideen, Gegenentwürfen und auch Fehlern in der Kontinuität bis zur Nachkriegszeit untersucht.