Willi Sittes „Lidice“ - Zwischen Kunst und Politik
In der tschechischen Geschichtsschreibung wird das Massaker von Lidice in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 1942 zu den grausamsten Verbrechen der Nationalsozialisten in der Zeit des Protektorats Böhmen und Mähren gezählt. Als Racheakt für das Attentat auf den damaligen Reichsprotektor Reinhard Heydrich angeordnet, führte es zu zahlreichen Solidaritätsbekundungen aus der ganzen Welt. Auch der ostdeutsche Maler tschechischer Herkunft Willi Sitte hat sich von 1956 bis 1960 intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzungen war sein mehrteiliges Tafelbild Lidice (1959/60). Bedeutsam bei der Betrachtung dieses Werkes ist vor allem die sogenannte Formalismus-
Diskussion. Trotz lautstarker Kritiken und Kampagnen gegen Willi Sitte ist dieser dem politischen System der DDR treu geblieben. Der Vorwurf gegen Lidice bezog sich auf die Unterordnung des Inhalts unter die Form. Die Nähe zu der Formensprache der damals noch lebenden Künstler der
Moderne - allen voran Pablo Picasso - war zu offensichtlich.