Das Bild des Künstlers und seiner Frauen
Beziehungen zwischen Kunstgeschichte und Populärkultur in Spielfilmen des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit
Gegenstand der im Feld zwischen Kunstgeschichte, Filmwissenschaft, Forschungen zum Nationalsozialismus und dessen Nachwirkungen, sowie Gender Studies angesiedelten Untersuchung sind Spielfilme des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit, in denen Künstlerfiguren eine zentrale Rolle spielen. Spielfilme wurden als Indikatoren für Entwicklungen im Bereich der Kunst gelesen und hinsichtlich des Ortes befragt, der Künstlern und Künstlerinnen im Prozess der Reorganisation der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zugewiesen wurde.
Mit der Konzentration auf den Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit wird ein Zeitraum in den Blick genommen, in dem das Bild des Künstlers Funktionen aufweist, die über eine »rein« künstlerische Bedeutung hinausgehen. Der Kunst und insbesondere der Figur des Künstlers kam in beiden Perioden breites Interesse und eine spezifische Faszination zu. Am Beispiel von Kunst und Kreativität wurden Konstruktionen von Geschichte wie auch Geschlechterkonstruktionen thematisiert. Im Spielfilm wurden dabei Aspekte dieser Diskurse ins Bild gesetzt, die an anderen Orten nicht ins Blickfeld gerieten. In der Untersuchung wird aufgezeigt, dass der Kunstdiskurs der Nachkriegszeit Argumentationsmuster aufweist, die bereits die nationalsozialistische Kunstpolitik bestimmt hatten. Der Spielfilm ist von besonderer Brisanz, da er in einer Kontinuität der ästhetischen Urteile der nationalsozialistischen Kampagne »entartete Kunst« steht, während der hochkulturelle Diskurs durch eine partielle Rehabilitation »der Moderne« bestimmt war. In der vergleichenden Zusammenschau erweisen sich das populäre Medium Kino und die Hochkultur als zwei Teilbereiche eines Diskurses, der an unterschiedlichen Orten polare Muster ausbildete, die sich gegenseitig kommentierten und einen gemeinsamen Gegenstand hervorbrachten: Eine Kontinuität des Nationalen in der Kunst.
Methodisch konnte an Kracauers Rekonstruktion der Filmgeschichte als Mentalitätsgeschichte (1947) angeknüpft werden, die mit psychoanalytischen und semiologischen Interpretationsverfahren erweitert wurde. Beschreibt man Spielfilme in Anschluss an Kracauer (1927) als »Tagträume der Gesellschaft«, lassen sie sich als Raum analysieren, in dem die im intersubjektiven Unbewussten niedergeschriebenen, sich in ständiger Umschrift befindlichen Erinnerungsspuren zirkulieren, und der zur Selbstbeschreibung einer nationalen Gemeinschaft beitragen kann.
Studien zur visuellen Kultur, Bd. 3