NOTGELD
Zu schön, es auszugeben
Aus heutiger Sicht erscheinen die Bilder völlig surreal: große Waschkörbe voll mit wertlosen Millionen- und Milliarden-Mark-Scheinen, mit denen die Schulkinder spielten und die am Ende wie Altpapier im Ofen verbrannt wurden. Es sind die Zeichen der großen Inflation vom Herbst des Jahres 1923. Im Gegensatz dazu sind die Pfennig-Werte des deutschen Seriennotgelds der Jahre 1920–22 kaum bekannt, ausgegeben von über 1400 Städten und Gemeinden überall im Land. Dabei entfalteten gerade diese kleinen Scheine eine ganz besondere Geldkultur. Denn dieses Geld wurde eben nicht entsorgt, sondern oft sogar gehütet wie ein Schatz. Aus primitiven Notzahlungsmitteln des Krieges entstanden, wurde es nach dem Krieg immer schöner und bunter – nicht zuletzt, weil ein Sammlermarkt entstand, auf dem sich die Städte einen harten Wettbewerb um das attraktivste Notgeld lieferten. Was weiß dieses Geld nicht alles über die Menschen in ihrer Zeit zu erzählen! Geld, das den Mund aufmachte, das wütend aufschrie, über sich selbst lachte, über sechs, acht, zehn Scheine hinweg Gedichte vortrug, Geschichten erzählte …
Erstmals führt dieses Buch in die sich über ein ganzes Jahrzehnt hinziehende Geschichte der Notgeldproduktion in all ihren Phasen ein: von den Anfangstagen des Krieges über das städtische Großnotgeld am Kriegsende bis hin zu den Milliardenwerten der Hyperinflation. Das Schwergewicht aber liegt auf der noch immer kaum bekannten Wunderwelt des deutschen Seriennotgelds, das es in dieser Form nirgendwo sonst auf der Welt gegeben hat.